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„Am Ende des Regenbogens liegt ein
Schatz.“
Diese Redewendung begleitete ihn seit
seiner Kindheit. Seine Mutter hatte es immer gesagt, wenn er
fasziniert aus dem Fenster starrte.
Mehrfach hatte er sie angebettelt, mit
ihm zum Ende des ein oder anderen Regenbogens zu fahren, doch immer
hatte sie neue Ausreden gefunden.
Nun, nach ihrem Tod, wollte er diesen
Traum endlich wirklich werden lassen, doch er wusste, er musste
schnell fahren.
Er konnte gut mit Zahlen umgehen, daher
stellte es für ihn kein Problem dar, den Punkt zu berechnen, an dem
der Regenbogen von seinem Blickwinkel aus enden müsste.
Jetzt musste er nur noch auf einen
warten.
Eines Tages sah er endlich einen,
berechnete besagten Punkt und stieg dann sogleich in seinen Wagen, um
loszufahren.
Natürlich wusste er, dass der
Regenbogen nur die Sonne war, die sich in Wassertropfen spiegelte,
aber er fand, dass der Punkt, den er errechnet hatte, als Ende des
Regenbogens genügen müsse.
Die Fahrt dauerte einige Stunden und
führte ihn durch mehrere Städte und kleine Dörfer. Doch die Gegend
wurde mit jeder Minute, die er fuhr, immer abgelegener.
Zu den Seiten seines Wagens sah er die
Felder von Bauern und Handynetz hatte er schon lange keines mehr.
Aber sein GPS-Gerät, in das er die Koordinaten eingegeben hatte,
funktionierte noch immer.
Nach etwa fünf Stunden kam er an einen
kleinen Bauernhof, der verlassen schien. Der Punkt, der er errechnet
hatte, lag nicht weit von hier, doch auf der Straße kam er nicht
weiter, also musste er sich zu Fuß auf den Weg machen. Seinen Wagen
ließ er auf dem Hof stehen und hoffte, den Bauern würde es nicht
stören.
Mit dem GPS-Gerät in der Hand
überquerte er den Hof und hielt schnurstracks auf die Felder zu. Ein
bisschen unbehaglich war ihm dabei schön zumute, schließlich waren
es nicht seine Felder, durch die er laufen würde und es hatte ihm
auch niemand gestattet, dies zu tun. Dennoch musste er es tun, er
konnte jetzt nicht einfach aufgeben, nicht, wenn er so lange auf
diesen Monet hingearbeitet hatte, so lange schon gefahren war und vor
allem so lange gewartet hatte.
Er musste jetzt sofort zu diesem Punkt
laufen, das spürte er tief in sich drin. Und so versuchte er erst
gar nicht, beim Besitzer des Hofes und vermutlich auch der Felder
nachzufragen, ob er diesen Punkt suchen durfte, an dem der Regenbogen
endete, er ging einfach los. Es hätte sowieso keinen Zweck gehabt,
denn jeder würde ihn für verrückt halten und wegschicken.
Die Sonne brannte auf den Jungen Mann
hinab und ihm wurde immer wärmer, doch das verstärkte seine
Entschlossenheit nur. Er war mit einem Ziel hergekommen und dieses
Ziel würde er auch erreichen, koste es, was es wolle.
Nach etwa zehn Minuten stellte er fest,
dass er beinahe angekommen war und beschleunigte seine Schritte noch.
Wer konnte schon sagen, ob er vielleicht tatsächlich einen Schatz
finden würde?
Einige Meter vor sich sah er eine
Gestalt, die offenbar im Feld arbeitete, doch er konnte sie nicht
genau erkennen, da er von der Sonne geblendet wurde. Nach einigen
weiteren Schritten konnte er sie schon besser ausmachen, es war eine
Frau etwa in seinem Alter. Und sie stand genau an dem Punkt, den sein
Gerät als das Ende des Regenbogens anzeigte.
Die letzten Schritte machte er nur noch
zögerlich. Als er direkt hinter der Frau stand, drehte sie sich um
und erschrak.
„Es tut mir leid, ich wollte Sie
nicht erschrecken“, murmelte er.
„Ist doch nicht schlimm, Sie sehen
nicht wie ein Axtmörder aus oder so. Was tun Sie hier? Suchen sie
etwas?“
Sie grinste ihn an und es war das
schönste, was er jemals gesehen hatte. Er wollte nicht, dass sie je
damit aufhörte. Und er wollte der Grund dafür sein, dass sie
lächelte und lachte und fröhlich war.
Bis zum heutigen Tag hatte er nicht an
Liebe auf den ersten Blick geglaubt und auch daran, dass er am Ende
des Regenbogens einen Schatz finden würde, hatte er stark
gezweifelt. Doch nun war alles anders.
„Naja... Das ist eine lange
Geschichte... Aber ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin“,
sagte er zu dem wundervollen Wesen vor ihm.
Sie legte den Kopf leicht schief und
sah ihn an. „Dann erzählen Sie mir diese Geschichte doch.“
Er nickte und begann.
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